Elterngeld Bemessungszeitraum

Die wichtigsten Infos zum Vergleichszeitraum

Elterngeld stellt im Grunde eine Entgeltersatzleistung dar. Welches Entgelt ersetzt wird, bestimmt das Einkommen des Bemessungszeitraumes. Der Elterngeld Bemessungszeitraum ist ein 12-Monatszeitraum vor der Geburt der Kindes, aus welchem nicht nur das elterngeldrelevante Einkommen, sondern auch die pauschalen Abzüge für Steuern und Sozialversicherungen bestimmt werden.

Elterngeld und Bemessungszeitraum - Darauf sollten Eltern achten.

Inhaltsverzeichnis

Hier die wichtigsten Fakten zum Thema „Elterngeld Bemessungszeitraum“:

  • Da Elterngeld eine Entgeltersatzleistung ist, muss festgestellt werden, welches Entgelt ersetzt wird
  • Welches Entgelt aus welchen Monaten Berücksichtigung fidnet, ist im § 2b BEEG genauestens geregelt
  • Der elterngeldrechtliche Vergleichszeitraum umfasst immer einen 12-Monatszeitraum vor der Geburt des Kindes
  • Der Elterngeld Bemessungszeitraum kann wegen Ausklammerungs- und Verschiebetatbeständen verschoben werden
  • Eine Ausklammerung/Verschiebung des Bemessungszeitraumes kann nur einheitlich für alle Einkunftsarten vorgenommen werden (Grundsatz der Deckungsgleichheit der Bemessungszeiträume)
  • Es gibt verschiedene Günstigerprüfungen, um den besten Bemessungszeitraum festzustellen

Allgemeines zum Elterngeld Bemessungszeitraum

Elterngeldrelevante Einkunftsarten

Das Elterngeldrecht gehört zwar zum Sozialrecht, knüpft aber in erheblichem Maße an das Steuerrecht an (sog. Steuerakzessorietät). Bei der Ermittlung des elterngeldrechtlichen Bemessungszeitraumes gilt immer folgender Ablauf:

 

  • Grundsätzlich gelten die Einkünfte des 12-Monatszeitraumes vor der Geburt des Kindes als Vergleichszeitraum , § 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG.

 

Wenn der Elterngeldberechtigte jedoch Einkünfte aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit erzielt, gilt davon abweichend

 

  • die Einkünfte des zuletzt abgeschlossenen Kalenderjahres vor der Geburt des Kindes, § 2b Abs. 2 Satz 1 BEEG.

Zu den Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des Elterngeldrechts gehören folgende Einkunftsarten des Einkommensteuerrechts:

 

    • Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG)
    • Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG)
    • Einkünfte aus Selbständiger Arbeit (§ 18 EStG)

 

Einkunftsarten, die der privaten Vermögensverwaltung zugeordnet werden (bspw. Einkünfte aus Kapitalvermögen, § 20 EStG, sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, § 21 EStG) bleiben beim Elterngeld außen vor. Eine Besonderheit spielen Sonstige Einkünfte (§ 22 EStG) die grundsätzlich nicht elterngeldrelevant sind, es sei denn es handelt sich um Leistungen, die Entgeltersetzenden Charakter haben (bspw. Rentenleistungen). Private Veräußerungsgeschäfte (§ 23 EStG) bleiben auch grundsätzlich außen vor.

Hinweis:

Auch die Veräußerung (der Verkauf) eines Betriebes oder von Betriebsteilen kann zu gewerblichen Einkünften im Sinne des § 15 EStG führen (vgl. § 16 EStG). Der Gewinn aus der Veräußerung ist folglich elterngeldrelevant und sollte nicht im elterngeldrechtlichen Bezugszeitraum realisiert werden.

 

Daneben gilt gleiches für die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 17 EStG). Durch das bloße Halten der Anteile werden grundsätzlich keine gewerblichen Einkünfte verwirklicht, durch den Verkauf derselben hingegen schon.

Hinweis für Eltern mit einer Selbständigen Nebentätigkeit:

 

Eltern gelten im Elterngeldrecht auch dann als Selbständig, wenn  sie die Selbständigkeit nur „nebenbei“ oder in geringem Umfang ausüben. Das bedeutet, dass dann grundsätzlich das zuletzt abgeschlossene Kalenderjahr als Bemessungszeitraum gilt. Das ist für viele Angestellte ein Nachteil.

 

Der Gesetzgeber hat aber eine Günstigerprüfung für Eltern von Kindern, die nach dem 01.09.2021 geboren sind eingeführt, die es ermöglicht, bei geringfügigen selbständigen Einkünften, abweichend davon doch als ausschließlich Angestellt behandelt zu werden. Mehr dazu erfahren Sie im Bereich der Günstigerprüfungen in diesem Artikel.

Beispiel:

Der Vater ist angestellt und sein Kind wird am 13.06.2022 geboren.

Der Bemessungszeitraum umfasst die Kalendermonate Juni 2021 bis einschließlich Mai 2022 (12-Monatszeitraum vor Geburt).

 

Beispiel selbständige Erwerbstätigkeit:

Die Mutter ist Einzelunternehmerin und erzielt dadurch Einkünfte im Sinne des § 15 EStG. Ihr Kind wird am 13.06.2022 geboren.

Der Bemessungszeitraum umfasst die Kalendermonate Januar 2021 bis einschließlich Dezember 2021 (zuletzt abgeschlossenes Kalenderjahr).

Ausklammerungs- und Verschiebetatbestände

In dem durch vorher genannten Prinzipien ermittelten Bemessungszeitraum können persönliche Lebenssituationen dazu geführt haben, dass bei der strengen Berücksichtigung des Einkommens aus diesen Monaten „ungerechtfertigter Weise“ ein geringeres Elterngeld erzielt wird, als einem eigentlich zusteht.

 

Das hat auch der Gesetzgeber erkannt und eine abschließende Liste an sogenannten Ausklammerungs- und Verschiebetatbeständen im § 2b Abs. 1 Satz 2 und 4 BEEG aufgenommen.

Durch die Ausklammerungs- und Verschiebetatbestände bleiben Kalendermonate bei der Elterngeldberechnung außen vor, soweit die Berücksichtigung zu einem schlechteren Elterngeldergebnis führen würde.

 

Es kann sich also sehr lohnen, genau zu prüfen, ob solche Tatbestände vorliegen oder nicht, um die Höhe des Elterngeldes zu optimieren.

 

Hinweise für die Elterngeldbeantragung:

 

Sollten Sie von Ausklammerungs- und Verschiebetatbeständen betroffen sein, gilt folgendes:

 

Grundsätzlich sind die Ausklammerungstatbestände bei Angestellten (abgesehen von den Covid-19 Ausklammerungen) von Amts wegen zu berücksichtigen und bedürfen keines gesonderten Antrages.

 

Anders bei Selbständigen: Diese müssen, um eine Verschiebung zu erwirken, die Verschiebung des Bemessungszeitraumes mit dem Elterngeldantrag gesondert beantragen.

 

Die Verschiebung aufgrund von coronabedingten Einkommensausfällen hingegen muss in jedem Fall gesondert beantragt werden und wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.

Elterngeldbezug im Bemessungszeitraum

Grundsätzlich können Kalendermonate, in denen der Elterngeldberechtigte Elterngeld für ein älteres Geschwisterkind bezogen hat, ausgeklammert werden, also bei der Berechnung des Elterngeldes für das „aktuelle“ Kind außen vor bleiben, § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BEEG.

Kalendermonate, in denen Sie ElterngeldPlus ab Lebensmonat 15 bezogen haben, sind jedoch nicht ausklammerungsfähig.

 

Eine Ausnahme greift für Basiselterngeldmonate bis Lebensmonat 18 des älteren Kindes (Frühchenregelung; mehr dazu unter „3. Basiselterngeld nach LM 14“.

Beispiel:
Ein Vater hat für sein am 14.04.2021 geborenes Kind in den Lebensmonaten 13 und 14 Elterngeld bezogen. Das heißt, er hat im Zeitraum vom 14.04.2022 bis einschließlich 13.06.2022 Elterngeld erhalten.

Sein zweites Kind wurde am 28. November 2022 geboren. Der Bemessungszeitraum des zweiten Kindes umfasst grundsätzlich die Kalendermonate November 2021 bis einschließlich Oktober 2022. Die Kalendermonate April 2022 bis Juni 2022 können wegen des Elterngeldbezuges unberücksichtigt bleiben.

Der Bemessungszeitraum umfasst deshalb die Kalendermonate August 2021 bis März 2022 und Juli 2022 bis Oktober 2022.

Bei diesem Ausklammerungstatbestand gibt es leider gegenwärtig verschiedene Rechtsunsicherheiten, die wir im Folgenden erklären:

 

1. Können ElterngeldPlus-Monate auch ausgeklammert werden?

Der Gesetzestext bezieht sich auf „Zeiträume, in denen Elterngeld nach § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3“ bezogen wurde. ElterngeldPlus wird aber erst im Satz 3 legaldefiniert. Deshalb gehen Kommentatoren zum Elterngeldgesetz teilweise davon aus, dass nur Monate mit Basiselterngeld ausklammerungsfähig sind (siehe Dr. Michael Schnell (Vorsitzender Richter am Sächsischen Landessozialgericht in Chemnitz) in „Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz“, Kommentar, 3. Auflage 2021, zum § 2b, Rdnr. 7).

 

Demgegenüber kann man argumentieren, dass sich Satz 2 sowohl auf Basiselterngeld, als auch ElterngeldPlus bezieht (Bezug auf § 4 Abs. 1 Satz 1).

 

In den offiziellen Richtlinien des Bundesfamilienministeriums zum § 2b wird klargestellt, dass die konkrete Bezugsart für die Ausklammerung unerheblich ist:

„Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums bleiben für das Elterngeld Kalendermonate unberücksichtigt, in denen für ein älteres Kind im Zeitraum des § 4 Abs. 1 Satz 2 […] Basiselterngeld oder Elterngeld Plus bezogen wurde.“ (RL 2b.1.2.1 zu § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BEEG).

 

Die Unklarheit resultiert daher, dass der Gesetzgeber bei der letzten Reform (2021) den Verweis auf § 4 Abs. 1 Satz 1 BEEG (Bezug zu beiden Bezugsarten) aus dem Gesetz entfernt hat. Bei der ursprünglichen Einführung des § 2b Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BEEG schrieb der Gesetzgeber in die Gesetzesbegründung folgendes:

 

„Die Änderung in Nummer 1 ist eine Folgeänderung zur Einführung des Elterngeld Plus. Danach bleiben bei der
Bestimmung des Bemessungszeitraums für das Elterngeld Kalendermonate unberücksichtigt, in denen für ein
älteres Kind im Zeitraum des § 4 Absatz 1 Satz 1 Elterngeld im Sinne des § 4 Absatz 2 Satz 2 (Basiselterngeld)
oder Elterngeld Plus nach § 4 Absatz 3 bezogen wurde.“ (BT-Drucks. 18/2583 Seite 24).

 

Aufgrund dieser Rechtsunsicherheit müssen Eltern damit rechnen, dass ggf. Kalendermonate mit ElterngeldPlus-Bezug von der Elterngeldstelle  nicht ausgeklammert werden. In diesem Fall sollten Betroffene den Rechtsweg bestreiten und darauf hoffen, dass die Richter den ursprünglichen gesetzgeberischen Willen berücksichtigen anstatt streng nach dem Gesetzeswortlaut zu urteilen.

 

Besonders betroffen wären die Eltern, die überwiegend ElterngeldPlus bezogen haben und ein weiteres Kind erwarten. Diese sollten ggf. prüfen, ob eine rückwirkende Umwandlung in Basiselterngeld sinnvoll sein könnte. Bei einem Elterngelbezug mit Zuverdienst ist das jedoch sicherlich nicht der Fall.

2. Können Elterngeld-Monate mit Zuverdienst („Erwerbstätigkeit“) auch ausgeklammert werden?

 

Der Gesetzestext bezieht sich auf „Zeiträume, in denen Elterngeld nach § 4 Abs. 1 Satz 2 und 3“ bezogen wurde. Hier bei kommt es also nicht darauf an, ob man in diesen Zeiten Elterngeld mit Zuverdienst oder ohne Zuverdienst bezogen hat.

 

Uns sind jedoch Fälle aus der Verwaltungspraxis bekannt, in denen die Elterngeldstelle diese Elterngeldmonate nicht ausklammern möchte. Für diese Rechtsauffassung gibt es jedoch keine gesetzliche Grundlage. Auch die offiziellen Elterngeldrichtlinien erlauben keine solche Rechtsauffassung.

 

Tipp:
Betroffene sollten gegen einen entsprechenden Elterngeldbescheid Widerspruch einlegen und ggf. den Sozialgerichtsweg in Erwägung ziehen.

3. Können Basiselterngeld-Monate nach LM 14 auch ausgeklammert werden?

Der Gesetzestext erlaubt ausdrücklich die Ausklammerung von Monaten in denen

 

„die berechtigte Person Elterngeld für ein älteres Kind nach § 4 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 BEEG bezogen hat.“ (§ 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 zweite Alt. BEEG)

 

Da der Verweis auf § 4 Abs. 5 Satz 3 Nummer 2 zu ungenau ist, muss die Norm nach deren Sinn und Zweck ausgelegt werden. Die offiziellen Richtlinien zum Elterngeldgesetz legen den Punkt wie folgt aus:

 

• Falls das ältere Kind mindestens 6 Wochen vor dem errechneten Termin geboren wurde, werden bis zu seinem 15. Lebensmonat alle Kalendermonate ausgeklammert, in denen Elterngeld beansprucht wurde;

• falls es mindestens 8 Wochen vor dem errechneten Termin geboren wurde, bis zum 16. Lebensmonat;
• falls es mindestens 12 Wochen vor dem errechneten Termin geboren wurde, bis zum 17. Lebensmonat;
• falls es mindestens 16 Wochen vor dem errechneten Termin geboren wurde, bis zum 18. Lebensmonat.

Die Ausklammerung gilt für Bemessungszeiträume für das jüngere Kind, welches nach dem 1. September 2021 geboren wird, wenn das ältere Kind ein Frühchen im Sinne des § 4 Abs. 5 war. Es kommt nicht darauf an, dass auch das ältere Kind nach dem 1. September 2021 geboren wurde. (RL 2b.1.2.1 zu § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BEEG).

 

Tipp:
Sollte Ihre Elterngeldstelle eine andere Rechtsauffassung haben, sollten Sie gegen die Entscheidung Widerspruch einlegen und ggf. den Sozialgerichtsweg in Erwägung ziehen.

Sie wollen Ihr Elterngeld für das zweite/nächste Kind optimieren?

 

Wir haben genau zu diesem Thema einen umfassenden Wissensartikel „Elterngeld beim zweiten Kind“ geschrieben, der wichtige Tipps und Infos für Sie dazu bereithält.

Mutterschaftsgeldbezug im Bemessungszeitraum

Kalendermonate, in denen die Mutter Schutzfristen nach § 3 MuSchG in Anspruch genommen hat, können, genauso wie Monate mit oder ohne Mutterschaftsgeldbezug (gesetzlich oder privat versicherte Arbeitnehmerinnen) bei der Berücksichtigung im Bemessungszeitraum außen vor bleiben (ausgeklammert werden).

 

Beispiel:
Das Kind wurde am 22. August 2022 geboren. Die angestellte Mutter ging am 11. Juli 2022 in den Mutterschutz und erhielt das Mutterschaftsgeld der Krankenkasse und den Arbeitgeber-Zuschuss zum Mutterschaftsgeld.

 

Der Bemessungszeitraum umfasst die 12-Monate vor Beginn des Mutterschutzes, mithin Juli 2021 bis einschließlich Juni 2022.

Info für Beamtinnen, Soldatinnen und Richterinnen:

 

Während der vorgeburtlichen Beschäftigunsgverbote aufgrund der Schutzfristen erhalten Sie nach den entsprechenden beamten- und soldatenrechtlichen Vorschriften für die gesamte Dauer volle Bezüge. Der Grund für die Ausklammerung (weniger elterngeldrelevantes Einkommen) fällt demzufolge weg, weshalb es hier zu keiner Ausklammerung kommt.

Auch Mutterschaftsgeldbezug für ältere Geschwisterkinder ist ausklammerungsfähig:

 

Der Ausklammerungstatbestand kann auch bei einer Schwangerschaft mit einem älteren, den Elterngeldanspruch nicht auslösenden Kind erfüllt werden. Der Nachweis kann über eine Bescheinigung der Krankenkasse über das damals bezogene Mutterschaftsgeld erfolgen (RL 2b.1.2.2 zu § 2b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BEEG).

Infos für Selbständige:

 

Selbständige unterliegen nicht den Schutzfristen des Mutterschutzgesetzes, weil dieses nur für Arbeitnehmerinnen Anwendung findet. Nichtsdestotrotz können Selbständige Anspruch auf verschiebetatbestandsbegründende Mutterschafstgeldleistungen haben (bspw. Selbstständige, die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 9 SGB V sind und Mutterschaftsgeld nach § 24i Abs. 2 Satz 7 SGB V erhalten).

 

Erkundigen Sie sich im Zweifel bei Ihrer Krankenversicherung.

Einkommensausfälle aufgrund einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung

Kalendermonate, in denen die Mutter Einkommensausfälle aufgrund einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung erlitt, können auf Antrag ausgeklammert werden. Zwei Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein:

 

1. Einkommensausfall

 

Das elterngeldrelevante Einkommen muss in dem entsprechenden Monat niedriger sein, als in dem Monat, der dadurch hinzukommt.

 

2. schwangerschaftsbedingte Erkrankung

 

Der Zusammenhang mit der Schwangerschaft muss durch ärztliches Attest/Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen werden (aus dem Diagnoseschlüssel auf der Bescheinigung muss der Zusammenhang erkennbar sein.

Hinweis für angestellte Mütter:

 

In aller Regel sind angestellte Mütter von diesem Ausklammerungstatbestand, weil in aller Regel entweder aufgrund der bis zu 6-wöchigen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall kein Einkommensausfall entsteht oder weil die Mutter direkt in ein individuelles Beschäftigungsverbot geht und in dieser Zeit vollen (elterngeldrelevanten) Mutterschutzlohn erhält.

 

Diese Monate können (und müssen) nicht ausgeklammert werden.

Tipp:

 

Die Kausalität mit einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung muss nicht zwingend mit der aktuellen Schwangerschaft im Zusammenhang stehen, so kann auch eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung mit Einkommensausfall vorliegen, wenn im Bemessungszeitraum Arbeitsunfähigkeit wegen einer Depression aufgrund einer vorangegangener Fehlgeburt vorlag, vgl. dazu Bundessozialgericht Urteil v. 16.03.2017 – B 10 EG 9/15 R.

 

Im Übrigen sind nicht nur schwangerschaftsbedingte Neuerkrankungen, sondern auch die schwangerschaftsbedingte Verschlimmerung einer bereits vor der Schwangerschaft bestehenden Erkrankung von der Norm umfasst (siehe dazu auch Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15.02.2012, L 6 EG 18/10).

Einkommensausfälle aufgrund eines Pflicht-Wehr- oder Ersatzdienstes

Wer aufgrund eines Pflicht-Wehr- oder Ersatzdienstes im Bemessungszeitraum Einkommensausfälle erlitt, kann die entsprechenden Monate ausklammern.

Tipp:

 

Der Pflicht-Wehr- oder Ersatzdienst  wurde bereits 2011 gesetzlich abgeschafft. Insofern spielt dieser Ausklammerungstatbestand de facto keine Rolle in der aktuellen Verwaltungspraxis.

Einkommensausfälle aufgrund der Coronakrise

Die Coronakrise hat letztlich jeden Menschen in Deutschland in irgendeiner Weise getroffen. Der Gesetzgeber entschied sich frühzeitig dafür, dass Eltern, die aufgrund der Covid-19-Pandemie Einkommensausfälle erlitten, beim Elterngeld nicht benachteiligt werden sollen. Die offiziellen Elterngeldrichtlinien (RL 2b.1.4 zu § 2b Abs. 1 Satz 4 BEEG) führen dazu folgendes aus:

 

Nach § 2b Abs. 1 Satz 4 kann die berechtigte Person auf Antrag Kalendermonate ausklammern, wenn sie in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. Dezember 2021 Einkommensausfälle aufgrund der Covid-19-Pandemie hatte. Die Regelung ist weit auszulegen. Einkommensausfälle aufgrund der Covid-19-Pandemie können z.B. durch Kurzarbeit, Freistellung, Arbeitslosigkeit, Krankheit der berechtigten Person oder eines zum Haushalt gehörenden betreuungsbedürftigen Kindes oder Schließung des ausgeübten Gewerbes eintreten.

 

Zu den Einkommensminderungen aufgrund der Covid-19-Pandemie zählen auch mittelbare Änderungen der Einkommenssituation, wie zum Beispiel Arbeitszeitreduzierung, Unterbrechung oder Nichtwiederaufnahme der Erwerbstätigkeit zugunsten der Kinderbetreuung oder der Pflege einer angehörigen Person, wenn diese nicht anderweitig sichergestellt werden kann. Dazu gehören auch Zeiten des Bezugs der Verdienstausfallentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz und der erweiterten Kinderkrankentage, wenn Kitas und Schulen pandemiebedingt geschlossen sind oder die Betreuung eingeschränkt ist. Es können auch nur einzelne Kalendermonate ausgeklammert werden.

 

Die berechtigte Person muss den Einkommensausfall aufgrund der Covid-19-Pandemie glaubhaft machen. Als geeignete Unterlagen hierfür kommen Bescheinigungen, Weisungen oder Anordnungen des Arbeitgebers und – bei Selbständigen – ein Vergleich zum Steuerbescheid des Vorjahres in Betracht.

 

Die Kausalität zwischen Einkommensausfall und der Pandemie kann ebenfalls glaubhaft gemacht werden durch Vorlage z.B. von Anordnungen der Gesundheitsämter zur Schließung bestimmter Betriebe oder Einrichtungen oder durch Vorlage von Bescheiden z.B. über den Bezug von Arbeitslosengeld erst ab dem 1. März 2020 oder später.

 

Können Eltern im Einzelfall konkrete Nachweise (z.B. Bescheinigung des Arbeitgebers) nicht vorlegen, reicht die Glaubhaftmachung. Zur Glaubhaftmachung kann eine schlichte Erklärung ausreichen, wenn sie geeignet ist, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit des glaubhaft gemachten Sachverhalts zu begründen. Ist die Angabe der Antragsteller nach allgemeiner Lebenserfahrung naheliegend und besteht kein Anlass, an der Wahrscheinlichkeit des vorgebrachten Sachverhaltes zu zweifeln, kann sich die Einholung weiterer Nachweise erübrigen (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Auflage 2018, § 32 Rn. 40).

 

Im Falle der Einkommensminderung zugunsten der Kinderbetreuung ist ein schriftlicher Nachweis der Kita oder der Schule über die Schließung bzw. den eingeschränkten Betrieb ausreichend.

Hinweis aus der Praxis:

 

Die Richtlinien klingen fast zu schön um wahr zu sein. Wir erleben insbesondere, dass bei Nicht-Standardfällen (alles andere als Kurzarbeit oder ein geringerer Gewinn bei Selbständigen), die Elterngeldstelle die Ausklammerung nicht gewähren möchte und Eltern dadurch zum Widerspruch, bzw. zur Klage „gezwungen“ werden.

 

Das zustehende Elterngeld wird in diesen Fällen aufgrund der langen Verfahrensdauer erheblich später gezahlt, was im Kontext der Coronakrise und der damit  verbundenen ohnehin schon finanziell angespannten Lage einen sehr schlechten Eindruck macht.

Hinweis:

 

Ausklammerungsfähig sind gegenwärtig ausschließlich Kalendermonate zwischen dem 01.03.2020 und dem 23.09.2022.

Günstigerprüfungen

Hinweis:

Grundsätzlich sind die Ausklammerungstatbestände bei Angestellten (abgesehen von den Covid-19 Ausklammerungen) von Amts wegen zu berücksichtigen und bedürfen keines gesonderten Antrages.

Anders bei Selbständigen: Diese müssen, um eine Verschiebung zu erwirken, die Verschiebung des Bemessungszeitraumes im Elterngeldantrag gesondert beantragen.

Die Verschiebung aufgrund von coronabedingten Einkommensausfällen hingegen muss in jedem Fall gesondert beantragt werden und wird nicht von Amts wegen berücksichtigt.

Aufgrund der oben genannten Tatbestände können Eltern also den elterngeldrechtlichen Vergleichszeitraum unter gewissen Umständen verschieben, strecken, aufteilen, etc.

 

Eine Ausklammerung, bzw. Verschiebung ist aber leider nicht immer sinnvoll, weil es aufgrund der Komplexität der verschiedenen Berechnungsparameter bei der Elterngeldberechnung auch durch den Verzicht aller oder weniger Ausklammerungen/Verschiebungen zu einem besseren Elterngeldergebnis kommen kann.

 

Deshalb ist das beste Ergebnis durch Günstigerprüfungen festzustellen. Das Elterngeldrecht sieht 2 Günstigerprüfungen vor:

 

1. Günstigerprüfung – Ausklammerungsverzicht

 

Da bei der Elterngeldberechnung nicht nur das elterngeldrelevante Bruttoeinkommen des Bemessungszeitraumes eine tragende Rolle spielt, sondern auch die pauschalierten Steuer- und Sozialversicherungsabzugsmerkmale, kann es zu Fällen kommen, in denen trotz eines höheren elterngeldrelevanten Bruttoeinkommens durch die Ausklammerung, ein besseres Elterngeldergebnis erzielt werden würde, wenn auf die Ausklammerung/Verschiebung verzichtet wird.

 

Beispiel:
Die Mutter entbindet ihr Kind am 22. August 2022. Der Mutterschutz begann am 11. Juli 2022. Der Mutterschaftsgeldbezug im Juli 2022 stellt den einzigen Ausklammerungstatbestand dar, weshalb der Bemessungszeitraum die Einkünfte der Kalendermonate Juli 2021 bis einschließlich Juni 2022 umfasst.

 

Nun hat die Antragstellerin im Februar 2022 die Steuerklasse von der 5 in die 3 gewechselt. Für die Mutterschaftsgeldberechnung zählt dadurch unproblematisch die für die Mutter günstige Steuerklasse 3. Beim Elterngeld sieht es jedoch anders aus.

 

Aufgrund des Wechsel der Steuerklasse im Bemessungszeitraum ist die überwiegende Steuerklasse nach dem relativen Mehrheitsverhältnis zu ermitteln. Im Bemessungszeitraum lag in 7 von 12 Monaten die Steuerklasse 5 vor und in nur 5 von 12 Monaten die Steuerklasse 3. Dadurch zählt die für die Mutter ungünstige Steuerklasse 5, was ein niedrigeres Elterngeld zur Folge hat.

 

Sie kann nur von der Ausklammerungsverzichts-Günstigerprüfung Gebrauch machen, indem sie im Rahmen des Elterngeldantrages förmlich nach § 2b Abs. 1 Satz 3 BEEG auf die Ausklammerung des Kalendermonats Juli 2022 verzichtet. Dadurch umfasst der Bemessungszeitraum die Kalendermonate August 2022 bis einschließlich Juli 2022.

 

Nun lag im Bemessungszeitraum in 6 von 12 Monaten die Steuerklasse 5 und in 6 von 12 Monaten die Steuerklasse 3 vor. Bei einem Gleichstand zählt wiederum die Steuerklasse, die im letzten Monat des Bemessungszeitraumes vorlag, mithin für die Mutter günstigere Steuerklasse 3.

 

Das Elterngeld fällt aufgrund des Ausklammerungsverzichts sehr wahrscheinlich höher aus, obwohl sie im Juli 2022 aufgrund des steuerfreien Mutterschaftsgeldbezuges ein niedrigeres elterngeldrelevantes Bruttoeinkommen als im Juli 2021 erzielte.

Hinweis:

Prüfen Sie immer, wenn Sie von Ausklammerungen/Verschiebungen betroffen sind, ob Sie ggf. durch den Verzicht auf die Ausklammerung/Verschiebung auf ein für Sie günstigeres Elterngeld kommen.

 

Unsere Elterngeldsoftware beinhaltet selbstverständlich auch die Ausklammerungsverzichts-Günstigerprüfung, damit Sie auch wirklich das für Sie beste Elterngeldergebnis erzielen.

 

Achtung:

Die Ausklammerungsverzichts-Günstigerprüfung können ausschließlich Angestellte nur beanspruchen, wenn ihr Kind ab 01.09.2021 geboren wurde. Eltern von Kindern, die vor dem 01.09.2021 geboren wurden, können diese Günstigerprüfung leider nicht nutzen.

2. Günstigerprüfung – Angestellte mit (geringfügiger) selbständiger Tätigkeit

 

Angestellte Eltern können, wenn sie in “geringem Umfang” nebenberuflich Einkünfte aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit erzielen, wählen, ob sie für die Berechnung des Elterngeldes als ausschließlich Angestellte oder als Selbständige behandelt werden möchten.

 

Folgende Voraussetzungen müssen für diese Günstigerprüfung erfüllt sein:

 

    • Die Einkünfte (= der Gewinn) aus Selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft betrug im Kalenderjahr vor der Geburt und
    • in den Kalendermonaten des Geburtsjahres bis zur Geburt

 

nicht mehr als 35€ im Monat (durchschnittlich, das heißt 410€ im Kalenderjahr).

 

Beispiel:
Geburt am 08.10.2022 – Mutter ist angestellt und selbständig

Normalerweise wäre ihr Bemessungszeitraum das Kalenderjahr 2021 (Verschiebung auf den zuletzt abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum aufgrund der selbständigen Erwerbstätigkeit). Nun betrug der Gewinn aus Selbständiger Arbeit in 2021 “nur” 400€ und im Zeitraum Januar bis September 2022 “nur” 200€.

 

Die Mutter kann nun wählen, ob der Bemessungszeitraum die Einkünfte des Kalenderjahres 2021 (Januar bis Dezember 2021) oder des 12-Monatszeitraumes vor Beginn des Mutterschutzes, bzw. vor der Geburt (also Oktober 2021 bis September 2022) umfassen soll.

Entscheidet sie sich für erstere Variante, zählen die Angestellteneinkünfte aus Januar bis Dezember 2021 und der Gewinn von 400€ bei der Elterngeldberechnung. Entscheidet sie sich jedoch für den 12-Monatszeitraum vor Geburt, zählen nur ihre Angestellteneinkünfte. Die Selbständigen Einkünfte bleiben dann außen vor (jedoch nicht im Bezugszeitraum).

 

Die betroffenen Eltern sollten also in jedem Falle prüfen, welche Variante das höhere Elterngeld mit sich bringt.

 

Achtung:

Die Günstigerprüfung für Angestellte mit geringfügigen selbständigen Einkünften können ausschließlich Eltern beanspruchen, deren Kind ab 01.09.2021 geboren wurde. Eltern von Kindern, die vor dem 01.09.2021 geboren wurden, können diese Günstigerprüfung leider nicht nutzen.

 

In unserem umfassenden Artikel zur Elterngeldreform 2021 erklären wir diese Günstigerprüfung genauer.

FAQ

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